"Was ist ehrlicher, als seinem Steak in die Augen zu sehen?"
Auf seinem Blog haut-gout.de schreibt Fabian Grimm seit drei Jahren über Jagd, Natur und Rezepte für Wild und Wildpflanzen. Kürzlich veröffentlichte er sein erstes Buch zum Blog. Wir haben ihn interviewt.
DJV: Hallo Fabian! Worüber handelt dein Buch genau? Ein Kochbuch es ja offenbar nicht geworden?
Fabian Grimm: Ein Kochbuch wäre natürlich naheliegend gewesen, aber auf dem Blog gibt es schon so viele Rezepte. Auf wild-auf-wild.de noch mehr. "Rehwild – vom Lebewesen zum Lebensmittell" ist eine sehr detaillierte Anleitung, wie man ein Reh aus der Decke schlägt, es zerwirkt und schließlich küchenfertig portioniert. Jeder Punkt ist sehr nachvollziehbar erklärt. So können auch Laien, die noch nie ein Tier verarbeitet haben, den Arbeitsschritten folgen. Das habe ich sogar testen können: Als ich das Manuskript fertig hatte, überlegte ein Freund von mir gerade, ob er die Jägerausbildung machen sollte. Ich habe ihn ins kalte Wasser geworfen. Ich bat ihn, das Buch zu testen und stellte ihm ein von mir erlegtes Reh zur Verfügung. Obwohl er überhaupt kein Vorwissen in dieser Richtung hatte, hat es tatsächlich geklappt und er kam gut mit der ungewohnten Aufgabe zurecht. Inzwischen hat er auch seinen Jagdschein und jagt erfolgreicher als ich.
Das Buch ist also eher für Jungjäger gedacht, die ihre erste Beute verarbeiten möchten?
Für Jungjäger ist das Buch sicher interessant, das stimmt. Ich würde mir aber wünschen, dass es nicht nur Jägerinnen und Jäger nutzen. Es ist für Menschen, die sich für "gutes" Fleisch interessieren. Artgerechte Haltung, regionale Ernährung, Nachhaltigkeit und bewusster Konsum sind Schlagworte, die gerade derart beliebig verwendet werden, dass sie langsam ihre Bedeutung verlieren. Wenn man aber ein ganzes Reh kauft und selbst verarbeitet, dann kann man diese abgenutzten Begriffe mit Leben füllen: Das Wild lebt nicht nur artgerecht, sondern völlig selbstbestimmt und frei. Es gibt keine nennenswerten Transportwege, weder zum Schlachthof noch zum Laden. Und was ist bodenständiger und ehrlicher, als seinem Steak in die Augen zu sehen? Außerdem kann man im Buch viel über Fleisch im Allgemeinen lernen, weiß es nachher besser zu schätzen als das, was aus einer anonymen Plastikverpackung kommt.
Man merkt, du brennst für das Thema. Aber wie kamst du überhaupt auf die Idee?
Für mich selbst war der Hauptgrund für die Entscheidung den Jagdschein zu machen ganz klar das Wildbret. Ich hatte vorher eine ganze Weile überhaupt kein Fleisch gegessen. Als sich das wieder geändert hat, wollte ich eben ganz, ganz genau wissen, wo es herkommt. Von Anfang an habe ich meine Beute selbst verarbeitet. Dafür habe ich oft eine halbe Ewigkeit gebraucht. Das lag einfach daran, dass ich nicht richtig wusste, was ich da tue. Mit etwas Übung und vielen Tipps von Mitjägern wurde die Verarbeitung natürlich besser, aber lange nicht perfekt. Um mich noch mehr mit Wild und Fleischverarbeitung beschäftigen zu können, habe ich dann beschlossen, das ganze zum Thema der Abschlussarbeit meines Studiums als Kommunikationsdesigner zu machen. Überraschenderweise bin ich bei meinem Betreuer sofort auf offene Ohren gestoßen. Denn auch aus seiner Sicht war das eine spannende Frage: Wie kann man alle nötigen Schritte der Verarbeitung absolut nachvollziehbar fotografieren? Den Prozess dann nicht nur verständlich, sondern auch ästhetisch ansprechend zu zeigen, war eine Herausforderung.
Das Buch ist deine Abschlussarbeit. Du hast sie nur an einen Verlag geschickt und sie wurde gleich gedruckt?
Nein, so einfach war es natürlich nicht. Die entstandene Arbeit war der Grundstein, auf den ich aufbauen konnte. Einige Fotos aus diesem ersten Entwurf finden sich tatsächlich noch im fertigen Buch. Viele habe ich mehrfach neu machen müssen, um wirklich zufrieden zu sein. In der Zusammenarbeit mit dem Verlag haben sich auch nochmal einige Punkte verändert. Der Entwurf war beispielsweise aus einem wasserfesten, abwaschbaren Papier. Das ließ sich aus Kostengründen leider so nicht produzieren. Eine andere Idee haben wir beibehalten: Die Schrift ist besonders groß, damit es möglich ist, das Buch einfach neben das Reh zu legen und beim Arbeiten mit einem Blick nachzulesen, wie und wo es weitergeht.
Wie kamst du gerade auf das Reh? Wildschwein schmeckt doch auch hervorragend und Rotwild ist eine echte Delikatesse?
Also zum einen liegt das ganz einfach daran, dass ich selbst Rehe am häufigsten erlege und entsprechend auch am häufigsten verarbeite und esse. Außerdem hat dafür gesprochen, dass es Rehe wohl in fast jedem Revier in Deutschland gibt und dass sie am häufigsten erlegt werden. Dass die Tiere recht klein sind, ist ein weiterer Vorteil: Das Fleisch eines Rehs passt ohne weiteres in das Gefrierfach eines normalen Kühlschranks. Außerdem schmeckt Reh einfach fantastisch.
Planst du auch eine Reihe mit Schwarzwild, Rotwild, Damwild, etc.?
Nein, eher nicht. Mehrere Zerwirkbücher sind aus meiner Sicht auch nicht nötig. Ich denke, wer ein Reh sicher zerwirken kann, lernt dabei genug über Anatomie und Fleischqualität. Hinterher sollte man auch ohne Probleme andere Lebewesen zum Lebensmittel verarbeiten können. Die ersten zehn Rehe sind die schwersten. Übung macht den Fleischermeister.
Der DJV unterstützt mit der Kampagne Wild auf Wild das erste Wild Food Festival auf der Messe Jagd und Hund in Dortmund (29. Januar bis 3. Februar 2019). In Workshops und auf der Bühne präsentieren Experten die große kulinarische Vielfalt von Wildbret und zeigen, wie es sich zubereiten lässt. Jetzt anmelden für die Workshops! Tickets und weitere Infos gibt es im Internet unter: wildfoodfestival.de Fabian Grimms Vorträge finden am Dienstag, den 29.1. und Mittwoch, dem 30.1. jeweils von 15:15–16:15 Uhr statt. |